Stimmrecht der Aktionäre in 2017 – Bericht unserer Experten vom VIP e.V.

Ein ereignisreiches Jahr für die Corporate Governance deutscher Unternehmen

Die Diskussionen in den diesjährigen Hauptversammlungen wurden von vier Themenschwerpunkten dominiert. Dabei zeigte sich erneut, dass die Präsenz vor Ort ein wichtiger Aspekt einer gelebten Corporate Governance ist, die den direkten Dialog mit den Unternehmensleitungen und ein rasches Agieren bei neuen Tatsachen erlaubt.

Insbesondere Vergütungsfragen nahmen breiten Raum in den Diskussionen ein. Beispielsweise wurde der Aufsichtsratsvorsitzende von SAP nur mit einer knappen Mehrheit entlastet, da ihm viele Investoren die fehlende Transparenz zum Zustandekommen der Vergütung der Mitglieder des Vorstands ankreideten. Wenig geholfen hat ihm dabei ein klares Entgegenkommen zu Beginn der Versammlung. Zwar wurden die aufgeworfenen Kritikpunkte weitgehend adressiert und sogar Investorenroadshows für weitere Informationen und Erläuterungen angekündigt. Auf die Stimmabgaben hat dies keinen Einfluss zumeist keinen Einfluss mehr gehabt, da viele Institutionelle bereits im Vorfeld der Veranstaltung Weisungen an ihre Banken erteilt haben und daher mangels Präsenz vor Ort von den neuen Informationen keine Kenntnis erhielten. Aber auch bei anderen Unternehmen, wie beispielsweise Merck, Münchner Rück oder SAT1, gab es lebhafte Diskussionen, die insbesondere auf die Bemessungskriterien für eine angemessene Vergütung abzielten.

Einen zweiten Themenschwerpunkt bildeten Unternehmensübernahmen. Dies gilt beispielsweise für den Kauf von Monsanto durch Bayer, was unter ethischen Gesichtspunkten ein durchaus zweischneidiger Vorgang ist. Allerdings wurde in der Versammlung klargestellt, dass die aus unserer Sicht vorzuziehende corporate governance und ethische Ausrichtung von Bayer in dem gemeinsamen Konzern ausschlaggebend ist. Wichtig war auch der Beitrag von VIP bei dem Autozulieferer GRAMMER, der der dem Versuch einer feindlichen Kontrollübernahme ausgesetzt war. In einer in dieser Form ungewöhnlichen Allianz aus Aktionären, Mitarbeitern, Unternehmensleitung und lokalen Behörden gelang es, die Eigenständigkeit des Unternehmens zu bewahren.

Unerfreuliche Diskussionen gab es auch in den Hauptversammlungen der Automobilhersteller. Dieselgate ist hier nur ein Ausdruck einer im Kern kranken Corporate Governance, worauf in den Hauptversammlungen klar hinzuweisen ist. Insoweit hält sich auch die Überraschung angesichts der aktuellen Kartellvorwürfe in Grenzen. Die Vorgänge zeigen deutlich die Notwendigkeit von Spielregeln, deren Einhaltung neben den Aktionären auch allen anderen Stakeholdern dient.

Einen teilweise hohen Zeitaufwand verursachten erneut die in vielen Hauptversammlungen verlesenen Fragebögen zu den sogenannten Frauenquoten. Das ist schade, denn es wird der Bedeutung des Themas nicht gerecht, und auch das immer wieder zu hörende Eigenlob der Verfechter dieser Vorgehensweise wird schal, wenn man die angeblichen Ergebnisse an den ohnehin zu erwartenden Effekten der demographischen Entwicklung misst. VIP verfolgt daher unverändert einen an den sachlichen Anforderungen der Aufgabe ausgerichteten Ansatz, der zwangsläufig als mittelbare Folge Fragen aufwirft, wenn weniger Frauen (oder Männer) in den Gremien vertreten sind, als man erwarten sollte. Dies gilt beispielsweise für Fraport, wo allerdings überraschenderweise kein Fragebogen verlesen wurde. Vermutlich wirkte sich dabei die starke Vertretung (ehemaliger) politischer Prominenz in den Gremien aus.

Hans-Hermann Mindermann,

VIP (Vereinigung Institutionelle Privatanleger) eV

association of institutional shareholders

association des actionnaires institutionnels

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