Rückblick
Die westlichen Kapitalmärkte haben ihre seit Jahresanfang begonnene Aufwärtsbewegung ungeachtet der politischen Ereignisse in der Ukraine und in Griechenland im Februar fortgesetzt. Wieder einmal haben die monetären und wirtschaftlichen Faktoren die Oberhand gewonnen. Die Euro Renten- und Aktienmärkte, der japanische Aktienmarkt und die Schweiz haben trotz der Frankenaufwertung besonders davon profitiert, gefolgt von den Börsen in den USA und England. Wie schon in früheren Publikationen erwähnt, scheint sich die US amerikanische Börsenstatistik, dass auf „5“ endende Jahre gute Aktienjahre sind, zumindest bis heute zu bestätigen. Verschiedene Faktoren haben diese Entwicklung gleichermaßen begünstigt. Zum einen haben die Marktteilnehmer akzeptiert, dass die auf alle Volkswirtschaften einwirkenden deflationären Kräfte eine baldige Zinserhöhung seitens der Notenbanken auch in den USA unwahrscheinlich werden lassen. Zu groß ist mittlerweile das weltweite Ungleichgewicht von Angebot und Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen, sodass Preiserhöhungen trotz steigender Lohneinkommen zurzeit nicht durchsetzbar sind. Das gilt auch für den Erdölpreis, der zusammen mit dem festen US Dollar wie ein globales Konjunkturprogramm vor allem für die Länder der EU wirkt. Zum anderen bewirken nach den USA die lang angelegten QE Programme Japans und ab März der EZB eine weitere Liquiditätsschwemme, die mit unverminderter Wucht auf die Kapitalmärkte der Welt treffen.
Ausblick
Zunächst einmal haben die Abkommen der EU mit Griechenland für Ruhe gesorgt. Es bleibt dennoch zu befürchten, dass nach dem Hick-Hack der neuen griechischen Regierung mit Brüssel schon während der Vorverhandlungen die versprochenen Maßnahmen seitens der Griechen nicht eingehalten werden können. Ende Juni wird dann das gleiche Theater von neuem beginnen, an dessen Ende dann doch der Grexit stehen könnte, was für die EU Mitglieder und den IWF zwar schmerzlich aber kein Beinbruch für den Fortgang der Einigung Europas mehr wäre. Darüber scheinen sich mittlerweile alle Beteiligten im Klaren zu sein. Problematischer scheinen sich aber die Verhältnisse in Moskau zu gestalten, wo die Unruhen in der Ukraine lediglich eine Randerscheinung des Problems sein könnten. Nach der Ermordung des Ex-Vizeregierungschefs Nemzow, Oppositionspolitiker und Kreml-Gegner, muss sich zwangsläufig die Frage aufwerfen, wie heute die Machtverhältnisse in Moskau gestrickt sind, und welche Rolle Präsident Putin in diesem Machtpoker spielt. Eine Destabilisierung der inneren Sicherheit Russlands käme den USA aber auch der EU zu diesem Zeitpunkt sicher sehr ungelegen. Diese beiden Problemblöcke könnten auch die Kapitalmärkte in den nächsten Monaten zeitweilignegativ beeinflussen.
Die wirtschaftlichen Aussichten sind von Region zu Region unterschiedlich zu beurteilen. Das US BSP Wachstum für das 4. Quartal 2014 wurde trotz steigender Konsumausgaben von +2,5% und Anlageinvestitionen von +4,5% von 2,6% auf 2,2% heruntergestuft. Das ändert aber nichts an der Annahme, dass sich das Wachstum in den kommenden Quartalen beschleunigen wird. Das Wachstum in Großbritannien hatte mit 2,6% seit 2007 den höchsten Anstieg und übertraf damit alle übrigen Länder in Europa. In der EU scheint die Konjunkturdelle wegen der verbesserten Exportsituation ausgesessen
zu sein. Auch hier und vor allem in Deutschland kann mit einer starken Wiederbelebung der Wirtschaft im weiteren Jahresverlauf gerechnet werden. Die Chinesische Administration setzt weiter auf Wachstum unterstützende Maßnahmen wie Steuererleichterungen für kleine Unternehmen, um die Wirtschaft wieder anzukurbeln. Japan wird jetzt erst recht sein ehrgeiziges Programm fortsetzen, nachdem der Konsum trotz des niedrigeren Ölpreises mit -4,5% im letzten Quartal eingebrochen ist
und der Deflationsdruck weiter anhält.
Kapitalmarktaussichten
Die insgesamt wieder positiv werdenden Wirtschaftsaussichten in Verbindung mit steigenden Gewinnen und Dividenden sollten auch weiterhin die Aktienmärkte beflügeln. Trotz der zurzeit technisch ein wenig überhitzten Börsen, sollte es besonders für Japan und die EU gelten, weil hier das niedrigere Bewertungsniveau in Verbindung mit der Liquiditätsschwemme neue Tatsachen geschaffen hat, die in den Renten- und Aktienmärkten und bei den Investoren erst jetzt allmählich ankommen. Für die USA mag das nur bedingt gelten, weil die US Börsen bisher den längsten und steilsten Vorlauf gehabt haben und die US amerikanische Wirtschaftskonjunktur am weitesten vorangeschritten ist.
Zudem sind alle privaten und institutionellen Kapitalanleger heute mit einer Situation konfrontiert, die es in der neueren Kapitalmarktgeschichte bisher nicht gegeben hat. Der jahrelange Rückgang der Kapitalmarktrenditen und der Inflation nach der Lehman-Krise hat zu einer noch nie dagewesenen Absenkung des risikolosen Zinses für Geldanlagen geführt, die heute unter 1% liegt. Das gilt vor allem für die EU aber auch für Japan. Für die Kapitalmärkte der EU hat das enorme Konsequenzen. Die Renditen für langfristige Staatsanleihen der EU Peripherie werden sich auch in Zukunft weiter denen Deutschlands annähern. Die Konvergenz ist also noch nicht zu Ende, obwohl die 10-Jahres-Renditen Italiens und Spaniens mittlerweile bei 1,37% und Portugals bei 1,82% liegen. Dafür wird auch das QE Programm der EZB sorgen, die erst ab nächster Woche als Käufer an den Rentenmärkten tätig wird. Im Verhältnis dazu werden die Aktienmärkte mir ihren durchschnittlich höheren Dividendenrenditen für die Anleger immer attraktiver. Deshalb müssten sich die Aktienmarktbewertungen, die über Kurs-Gewinn-Verhältnisse ( KGV ) gemessen werden, entsprechend des abgesunkenen risikolosen Zinses durch eine steigende Nachfrage nach Aktien erhöhen. Schon aus diesem Grund könnten die europäischen Aktienmärkte über die Zeit hinweg zusätzlich eine Aufwertung von 10 bis 15% erfahren, ohne, dass sich am fundamentalen Indexwert irgendetwas geändert hätte. Für den DAX Index z.B. könnte es auf der heutigen Basis eine zusätzliche Erhöhung bis zu 1700 Punkten bedeuten. Es hat den Anschein, dass dieser Angleichungsprozess begonnen hat.
Die Konsequenzen für viele europäische Anleger von Geldkapital, die bis heute vornehmlich in Zinsinstrumenten investiert gewesen sind, wären bedeutend. Sie müssten sich von nun an entweder für eine nahezu zinslose Geldanlage oder für Aktien als langfristige Anlagealternative entscheiden. Der Druck würde sich noch erhöhen, wenn die Banken begännen, für zinslose Bankguthaben Gebühren zu nehmen, was heute bereits in der Schweiz praktiziert wird. Das wäre für viele europäische Privatanleger in der Tat Neuland. Vor diesem positiven wirtschaftlichen und technischen Hintergrund sollten die westlichen Wertpapierbörsen trotz der erreichten Kursniveaus auch im weiteren Jahresverlauf für Geldanlagen attraktiv sein. Zwischenzeitliche Kurskorrekturen sollten die Anleger nicht verunsichern, sondern sie sollten sie zu Käufen nutzen. Wie gesagt, Jahre mit der „5“ am Ende waren in den USA statistisch gesehen immer positive Investmentjahre. Das sollte dann auch für unsere Kapitalmärkte gelten.