Wer in den letzten Jahren die einschlägigen Geldanlagemagazine studierte oder den Tests und Aussagen der Verbraucherschützer folgte, kam an den Begriffen „ETF“ oder „Passivinvestment“ nicht mehr vorbei.
Die Exchange-Traded Funds (kurz ETFs) investieren wie klassische Fonds in einen Korb von Wertpapieren, beispielsweise Aktien. Dabei verzichten ETFs auf ein teures, aktives Management, da sie einen fest definierten Index, z.B. den DAX einfach nur als Anlage nachbilden. Während klassische Investmentfonds die Wertpapiere und Unternehmen in die investiert wird, analysieren und aktiv auswählen, bilden die ETFs einfach den gesamten Index nach und werden daher auch als passives Investment bezeichnet.
Da aktive Manager häufig auch Fehlentscheidungen treffen und dennoch höhere Kosten verursachen, sind Verbraucherschützer, Fachpresse und natürlich auch die herausgebenden Banken voll des Lobes über die billigen ETFs. So gab die Stiftung Warentest unter der Bezeichnung „Pantoffel Portfolio“ schon vor Jahren die Devise an die Anleger aus, zukünftig ihr liquides Anlagevermögen in ETFs zu investieren.
Nur sehr selten werden die Risiken von ETFs in der Presse diskutiert, doch in letzter Zeit mehren sich auch kritische Stimmen. Gleich mehrere Aspekte sorgen bei der Bankenaufsicht und Fachleuten für Bauchschmerzen:
- Marktrisiken werden nicht gedämpft:
Vor allem ETFs auf Aktienindizes sind anfälliger für Marktschwankungen als die aktiv verwalteten Fonds, die durch die Berücksichtigung von nachhaltigen Anlagekriterien, höhere Kassebestände oder Umschichtungen die Risiken dämpfen können. Dies kann gerade bei Privatanlegern schneller dazu führen, dass diese ausgerechnet in einer Krisenphase den Ausstieg suchen und damit hohe Verluste machen. - Handelsrisiken:
Im Sommer 2015 führte ein Minicrash im amerikanischen Dow Jones Index zu einer Flut von Verkaufsaufträgen von ETFs, die massive Kursverzerrungen innerhalb weniger Handelsminuten verursachten. Gerade dann, wenn es abwärts geht an den Märkten können also ETFs zu Verkaufslawinen führen, denen keine Käufer mehr gegenüberstehen. Damit sind die Verkäufer in der Krise dann gleich doppelt bestraft. - Undurchsichtige Fondskonstruktionen:
Um Kosten zu sparen, wird die Industrie immer kreativer bei der Frage, wie man aus den Anlagen in den ETFs noch Zusatzerträge erzielen kann. Obwohl die Anlagen des Fonds eigentlich Sondervermögen sind und damit vor dem Konkurs der Fondsgesellschaft geschützt sind: Wenn z.B. die Wertpapiere an Dritte verliehen werden oder die Partizipation am Index teilweise durch Forderungskonstruktionen gegenüber Dritten abgebildet werden, dann führt das zu immer mehr Intransparenz, die bei extremen Systemkrisen dann doch auch zu substanziellen Ausfällen bei den ETFs führen kann. Schon jetzt sind diese Konstruktionen auch für Experten nicht mehr nachvollziehbar. Wer die Kreativität der Zertifikatebranche vor der Finanzkrise 2008 noch vor Augen hat, muss befürchten, dass die boomende ETF Branche auch nicht davor zurückschreckt, für ein paar Basispunkte mehr Ertrag die Sicherheit der ETFs zu untergraben. - Risiken für das Finanzsystem:
Die früheren Generationen wissen das noch: Über eine Brücke marschieren die Soldaten nie im Gleichschritt – die Schwingungen von einer Hundertschaft im Gleichschritt können eine massive Brücke zum Einsturz bringen. Auch die boomenden ETFs bringen immer mehr Anleger in den Gleichschritt. Wenn nun an schwarzen Tagen die ETF Anleger nervös werden, und in hoher Zahl gleichzeitig auf den Verkaufsknopf drücken, erfährt die synthetische Konstruktion hinter den ETFs (getragen von den ohnehin schwankenden Banken) eine nie erfahrene Belastung.
Die Gleichschaltung aller Anleger steigt nicht nur mit zunehmender Beliebtheit der ETFs. Immer mehr Computersysteme auch Robo-Advisor genannt, werben um die Gunst der unkundigen Anleger. Auch hier wird mit niedrigen Gebühren geworben und gerade die jüngeren Generationen lassen sich von dieser modernen Art des Investierens begeistern. Doch den Allgorithmen der Computer zu vertrauen, könnte eben gerade im Crash fatal sein, wenn dann auch hier alle Systeme zugleich auf „Verkauf“ setzen – egal zu welchem Preis.
Die Kosteneinsparungen der ETFs werden teuer bezahlt, mit einem substanziellen Risikopotenzial, das gerade in Finanzkrisen wie ein Brandbeschleuniger wirken kann. Kundige Anleger oder Vermögensverwalter können ETFs als taktisches Instrument durchaus sinnvoll nutzen. Vor allem langfristige Sparer, die ein bequemes Pantoffelinvestment suchten, könnte die nächste Krise allerdings unsanft aus den Latschen holen.