HOLLYHEDGE REPORT – DEZEMBER 2020 / JANUAR 2021

RÜCKBLICK

Es ist endlich amtlich, dass in den USA der von vielen erhoffte Regierungswechsel stattfinden wird. Die Welt befindet sich in der dritten und bisher stärksten Corona Welle. Dennoch erholt sich die Weltvolkswirtschaft dank China und der globalen finanzpolitischen Maßnahmen weiter, wenn auch im 4ten Quartal langsamer. Der leichte Abschwung ist der Tatsache geschuldet, dass viele Regierungen vor allem in Europa aus Sorge vor erneuten Engpässen in der Gesundheitsversorgung wieder den teilweisen Lockdown angeordnet haben. Die Aussicht auf die baldige Verfügbarkeit von Covid-19- Impfstoffen hat aber die Erwartungen auf eine starke Erholung der Volkswirtschaften nach dem Abflachen der Epidemie im nächsten Jahr weiter beflügelt. Die Kapitalmärkte haben dementsprechend reagiert. Die zunehmende Unsicherheit über die künftige Zinsentwicklung und das damit gestiegene Risiko möglicher Verluste aus Zinsanlagen hat nach dem Wahlausgang die Konsolidierung an den Aktienmärkten beendet und eine erneute Hausse in US Aktien in Gang gesetzt, die den Dow Jones Index zum ersten Mal in seiner Geschichte über die Marke von 30.000 befördert hat.

AUSBLICK

Das oft beschriebene seit Jahren bestehende Auseinanderdriften der Bewertung der Internet- und Wachstumsaktien gegenüber den zyklischen und Konjunktur abhängigen Industrietiteln ist in der jetzigen Aktienmarktbewegung zum Stillstand gekommen. Die auseinander geklaffte Bewertungsschere dieser Kategorien hat sich seit Oktober zum ersten Mal seit 2013 leicht zurückgebildet. Das ist besonders an der relativen Entwicklung des breitaufgestellten Russel 2000 Index zum NASDAQ Index sichtbar geworden. Wie in den USA, so auch in Europa haben die Aktien der „neuen Ökonomie“ eine Pause eingelegt, während die traditionellen Konjunktur abhängigen Werte in Erwartung überproportional steigender Gewinne nach der Normalisierung die Indextreiber geworden sind; dazu ein Beispiel aus Deutschland: Daimler oder BASF und SAP. Diese Konstellation sollte sich in absehbarer Zeit nicht ändern.

Die Corona-Epidemie ist ein Ereignis von historischer Bedeutung. Die dadurch ausgelösten globalen Strukturveränderungen erzeugen zusätzlich zur voranschreitenden Industrie 4.0 Revolution eine neue Normalität, deren Charakter sich erst allmählich herausbilden und sichtbar wird. Sie erfordert neue Denk- und Handlungsmodelle seitens Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Das gilt insbesondere für den Industriestandort Deutschland, der gerade erst anfängt, die Folgen zu begreifen und die Herausforderung anzugehen. Die Politik und die föderalistisch aufgestellte Verwaltung bewegen sich nur sehr zögerlich und vermitteln Strategielosigkeit. Der deutsche Föderalismus mit 16 Bundesländern in seiner heutigen Ausgestaltung behindert nicht nur die notwendige Transformation, sondern ist ein zukünftiges Risiko. Allein die kontroversen Corona Maßnahmen dieses Jahres sind ein Beweis dafür.

Den Vorstellungen der Ärzte, der Volkswirte und Börsenberater folgend sollte dennoch das Jahr 2021 mit dem Ende der Epidemie eine grundlegende Erholung der westlichen Volkswirtschaften in Bezug auf Wachstum und Beschäftigung zur Folge haben. Die Industriegesellschaften würden dann allmählich in die Konsumnormalität zurückgeführt. Über das wieder anwachsende Vertrauen würde neben der staatlich geförderten auch die private Investitionstätigkeit wieder angekurbelt werden. Das ist vor allem für den Industriestandort Deutschland als exportintensiver Anbieter von Investitionsgütern von großer Wichtigkeit, weil damit ein wesentlicher Teil qualifizierter Arbeitsplätze in Zukunft gesichert wäre.

Obwohl die Zentralbanken über die konjunkturelle Erholung hinaus ihre ultraleichte Geld- und Zinspolitik über das nächste Jahr hinweg beibehalten werden, mehren sich auch die Stimmen, dass die seit langem bestehende deflatorische Preisentwicklung im Jahresverlauf ein Ende finden wird. Das geht auch einher mit meiner Annahme, dass die längste Zinsbaisse im Sommer zu Ende gegangen ist, und dass das Anlagemedium Anleihen risikoreicher wird. Die seit Jahren bestehenden negativen Zinsen in Europa und Japan sollten bald Geschichte sein, was den Geschäftsbanken helfen sollte, in die Normalität ihrer traditionellen Geschäftstätigkeit zurückzufinden und wieder profitabel zu werden. Das sind weitere Argumente für die zunehmende Attraktivität der Aktienmärkte.

Der sich seit dem Sommer abschwächende US Dollar wird zurzeit seitens der Notenbanken gestützt, um ein weiteres Abgleiten zu verhindern. Es ist aus historischer Sicht allerdings zweifelhaft, ob diese Operation am Ende erfolgreich sein wird. Ich gehe deshalb davon aus, dass die Dollarschwäche b.a.w. bestehen bleibt. Der Goldpreis konsolidiert nach seinem Höchstpreis von über 2,050 US Dollar, ohne dass die langfristige Aufwärtsbewegung beendet ist. Er ist technisch überverkauft und sollte um 1,750 Dollar herum einen Boden finden.

KAPITALMARKTAUSSICHTEN

Die hohe Zentralbankliquidität, die hohen Geldguthaben bei Anlegern und die beginnende Transformation von Anleihen in Aktien sollten die europäischen Börsen auf ihrem Weg aus der Stagnation der letzten Jahre weiter beflügeln. Gleiches sollte für Japan und die asiatischen Aktienmärkte gelten. Dabei werden die Aktienbörsen der USA auch weiterhin die Richtung vorgeben, wobei der etablierte Aufwärtstrend immer wieder durch technisch bedingte auch kräftige Rücksetzer unterbrochen wird, die dann allerdings zu Aktienkäufen genutzt werden sollten. Die schon vorgestellte Barbell-Strategie, ein Mix aus Technologie- und Wachstumsaktien und Konjunktur zyklischen Aktien, macht vor dem Hintergrund der sich nach Corona normalisierenden Wirtschaft weiter Sinn. Ausschlaggebend für die Aktienauswahl bleiben die Gewinnerwartungen der Anleger und die dann tatsächlich erzielte Dynamik der Unternehmensgewinne von Quartal zu Quartal für die Jahre 2021 und 2022. Es wird deshalb auch zukünftig keine „Brot- und Butterbörsen“ geben, sondern die Kursentwicklungen werden sich von Industrie zu Industrie und von Aktie zu Aktie sehr unterschiedlich entwickeln. Neben den bekannten Treibern in IT und Digitalisierung, die auch weiterhin das Korsett für ein Anlageportfolio bilden sollten, sollten Markt führende Unternehmen, die von der Wirtschaftserholung überproportional profitieren werden, aus folgenden Branchen hinzugefügt werden: Automobile, langlebige Konsumgüter und Kleidung, Handel, Tourismus, Freizeit und Unterhaltung, Transport und Verkehr, Investitionsgüter, Werkstoffe und Metalle. Dazu gehören auch neu an die Börse gebrachte Unternehmen, die aus Start-ups und Unternehmensausgliederungen hervorgegangen sind.

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Stand 08.09.2024

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Stand 07.12.2020

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